Der von der Absamer Bürgermusik am Sonntag, den 6. Februar (1949, Anmerkung), veranstaltete Maskenzug hat viele Tausende von Neugierigen und Schaulustigen nach Absam gelockt und alle sind dabei auf ihre Rechnung gekommen.
Schon der Tag war über alle Maßen schön. Heiterster, sonnenklarer Himmel glänzte über dem Inntal und ließ ein zauberisches Licht in die von Menschen wimmelnden Dorfgassen fließen.

Gegen 3 Uhr verkündete ein galoppierender Herold das Herannahen des Zuges. Gegenüber dem Ansitz Melans war die Tribüne für die Ehrengäste und für die Preisrichter errichtet. Als Preisgericht fungierten das Künstlerehepaar Helmut und Maria Rehm und Bildhauer Bachlechner jun. aus Hall, sowie Doktor Runggaldier aus Innsbruck in Vertretung des durch einen Trauerfall verhinderten Dozenten Dr. Anton Dörrer, des bekannten Spezialisten für das tirolische Maskentreiben.
Das Preisgericht machte sich zur Aufgabe, unter den mehr als 25 Gruppen den ältesten und urtümlichen fasnachtlichen Kern herauszuschälen und stellte diesen bei der Beurteilung und Bewertung aus historischen, ortsgebundenen und volkskundlichen Gründen an die Spitze. Es war ganz interessant zu beobachten – was übrigens keinen Volkskundler überraschte – dass die weitaus überwiegende Mehrzahl der Zuschauer den karnevalistischen Gruppen, den eigentlichen Maskeraden, ihre Zustimmung und ihren Gefallen bekundete, deren Sinn oder ins Groteske gewandeltes Zerrbild ihnen unvergleichlich verständlicher war als die urtümlichen Bräuche, die, in starrem Beharrungsvermögen, traditionell vorgeführt, selbst von den Vorführenden in ihrem Ursinn nicht mehr verstanden werden. Erst die wissenschaftliche Volkskunde, die sich im 19. Jahrhundert und namentlich in unseren Tagen dieser Bräuche und Erscheinungsformen volkstümlichen Lebens angenommen hat, hat durch deren Inbeziehungsetzen mit der Welt des Glaubens und Unglaubens und durch Analogieschlüsse ihren Ursinn wieder aufgehellt und einem weiteren Kreise bekanntgemacht. (Leider nicht immer in gemeinverständlicher, sondern oft in sehr verschrobener und verwirrender Form.)
Das Preisgericht hat sich also auf den Standpunkt der Bodenständigkeit und des Althergebrachten gestellt und danach seine Bewertung vorgenommen. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, rückten die Zottlergruppe, die Schellenschlager, das Fasserrößl und die Gruppe des Samsons aus Uderns im Zillertal in die vorderste Reihe.
Gerade letztere Gruppe bot mit ihren hochoriginellen Masken eine Überraschung. Eine durch Abbildungen erläuterte Darstellung dieses im tirolischen Schrifttum noch nicht erwähnten Fasnachtsbrauches befindet sich in Vorbereitung. Wir wollen aber unseren Lesern den Namen des Volkskünstlers mitteilen, der sie geschaffen: es war dies der „Steiner-Gottfried“, Gottfried Höllwarth, Besitzer beim Steiner in Uderns, gestorben am 1. Dezember 1945 im Alter von 80 Jahren. Höllwarths Wunsch, mit Stanislaus Hell auf die Münchener Akademie zu gehen, blieb unerfüllt, der originelle Kopf aber entfaltete bis in sein hohes Alter eine reiche schnitzerische Tätigkeit.
Bei den abendlichen Maskenbällen bot die Gruppe der tanzenden Zottler und Tuxer in der stampfenden Wucht ihrer Bewegungen und in der Drastik und Behendigkeit ihrer Sprünge ein höchst eindrucksvolles, ja geradezu dämonisches Bild.
Man begegnet ihnen jetzt häufig am späten Nachmittag in den Dörfern um Hall, in dessen Straßen sie oft noch zu später Stunde auftauchen.
Preise:
I. Gruppe:
- Samson aus Uderns
- Zottler aus Absam
- Schellenschlager (Feuerwehr Absam)
- Chinesengruppe (Stadtmusik Hall)
II. Gruppe:
- Zwergengruppe (Gesellenverein Hall)
- Ziegenzuchtverein Hall
- Dörferbahn (Männergesangverein Absam)
- Schützengilde Absam
- Weibermusikbande Arzl
- Fasserrößl (Absam)
Außerdem wurden Ehrenpreise zuerkannt der schönsten Zottlermaske (Brandner), dem Senner der Ziegengruppe, dem „Melcher“ aus einer Tuxer Gruppe, dem kleinen Koch der Schneewittchengruppe und der besten Musikkapelle (Arzl).
Aus der Tiroler Bauernzeitung, Ausgabe Donnerstag 17. Februar 1949.